ALTES GEMÄUER
Ein Mauerwerk zerbröckelt in das Schweigen,
Worein die Fugengräser sinken, steigen:
Das Mittelalter in ihm rührt sich nicht,
Das Altertum in ihm, es spürt sich nicht.
Die Ritzengräser heben sich und sinken,
Wenn Windeskrüppel durch die Stille hinken.
Die gehn vorbei, sie haben keine Stecken,
Die Jugend im Gemäuer aufzuwecken.
Vielleicht, daß wir sein Einst uns nur erdachten
Und Treppen in den Zeitenspuk uns machten.
Vielleicht, daß Gott uns Zeitenträume gönnte,
Doch Welt nicht ist, was je erwachen könnte.
Denn alles ist schon wach, was um uns her ist,
Was rispenleicht und backsteinmauerschwer ist,
Die Arche des Vergangnen, das wir schufen
Bei Tag, bei Nacht,
Die Zukunftsfracht
Auf Wolkenschlitten ohne Kufen.
Oskar Loerke (1884-1941)