Freitag, 1. Februar 2019

Kalendergedicht, Freitag 1.Februar 2019





VOM HOFFENDEN LEBEN


Beim Schmelzen des Schnees, bei den lauen
Lüften des Februar
wollen wir wieder vertrauen
auf das grünende Jahr,
sieh, den Amseln den kleinen,
schwillt das singende Herz,
und an den nackten Rainen
glänzt die Scholle wie Erz.

Schau des Landmanns Beginnen,
der Schnee um den Obstbaum häuft,
daß nicht zu früh nach innen
lösend das Tauwasser träuft,
daß nicht aus ruhendem Schweigen
aufbricht, was nicht gedeiht,
und die Säfte nicht steigen
in der gefährdeten Zeit.

Also ward auch gegeben
allem das Werdegebot,
also muß auch das Leben
warten auf seinen Tod,
Samen, Knospen und Blüten,
jedes kommt und vergeht,
uns ist geboten zu hüten,
was in der Hoffnung steht.

Nichts ist auf Erden verloren,
was wir dem Leben getan,
darum sind wir geboren,
daß wir auf unserer Bahn
dienen dem hoffenden Leben
zu des Gestirnes Ruhm,
das uns zu leben gegeben,
doch nicht zu Eigentum.


Hans Leifhelm (1891-1947)