STAUB
Ich sehe eine Stadt, ganz weiß, ganz verblichen,
wie wenn die Ziegel trübere Luft, die Kanten Spinnweb seien.
Dünne Allen bekreuzen mit nebligen Stichen
der leeren Adelssitze eingekrümmte Reihen.
Ein Wind atmet leis: Staub, der breit auf den Plätzen gelegen,
wie Schlaf, springt hinkend auf in trockenen Flammen.
Die schleichenden Straßen stürzen in laues Pulver zusammen
und lassen im lautlosen Anfall sich heben, vermengen, verfegen.
Schon ist auch sie vergangen, die Herrlichkeit der Kathedralen.
Nur noch ihr feuriges Nachbild glimmt in die Luft geschrieben.
Vom Turme stürzte die Heerschar der steinernen Männer, wie mühlsteinzermahlen.
- Eine zimtfarbene Neige Staub fliegt, gegen das Meer getrieben.
Oskar Loerke (1884-1941)