GEISTIGE FREUDE
Geistige Freude
Es ist in einer unbekannten Frühe,
Da letzter Stern anwächst zu riesigem Schein.
Gewaltige Eos kommt. Das Werk der Mühe,
Kasernen und Fabriken krachen ein.
Und Tempel, die noch nie so göttlich brannten,
Mit brüllenden Kuppeln in den Himmel stehn,
Und Menschen sieht man nur mit ausgespannten
Umarmungs-Armen, große Kreuze, wehn.
Auf den geborstenen Gräbern selbst die Toten
Am Hügel sitzen, atmend, aufgedeckt,
Wie Kinder früh am Bettrand, starr, mit rotem,
Zerbrochenem Mund, das Antlitz aufgebleckt.
Nach Nord, Süd, Ost und West vier Tuben beben.
Auf allem Munde kniet das Eine Wort.
Gott selber wirft von seinem Gnadenort
Sich uns gehüllt in Strahlenstaat ans Leben.
Franz Werfel (1890-1945)