Mittwoch, 14. März 2018

Kalendergedicht, Mittwoch 14.März 2018




LUST AM LIEBCHEN


Wie selig wer sein Liebchen hat,
Wie selig ist der Mann!
In Friedrichs oder Ludwigs Stadt
Ist keiner besser dran.

Er achtet ’s nicht was Hof und Stadt
Dafür ihm bieten kann;
Und wenn er keinen Kreuzer hat,
Dünkt er sich Krösus dann.

Die Welt mag laufen oder stehn;
Mag rollen um und um:
Und alles auf dem Kopfe gehen!
Was kümmert er sich drum?

Hui! Ist sein Wort zu Strom und Wind,
Wer macht aus euch sich was?
Nichts mehr als wehen kann der Wind;
Und Regen macht nur nas.

Gram Sorg und Grille sind ihm Spott;
Er fühlt sich frei und froh;
Und kräht vergnügt in seinem Gott,
In Dulci Jubilo.

Durch seine Adern kreiset frisch
Und ungehemmt sein Blut.

Gesünder ist er wie ein Fisch
In seiner klaren Flut.

Ihm schmeckt sein Mahl;
er schlummert süß,
Bey federleichtem Sinn,
Und träumt sich in ein Paradies
Mit seinem Evchen hin.

In Götterfreuden schwimmt der Mann,
Die kein Gedanke mist,
Der singen oder sagen kann
Daß ihn sein Liebchen küst. –

Doch ach! Was sing’ ich in den Wind
Und habe selber keins?
O!! Evchen, Evchen komm geschwindt
O komm! Und werde meins!


Gottfried August Bürger (1747-1794)