Montag, 12. Februar 2018

DER TÄNZER



DER TÄNZER


Ich weiß, daß ich in lichtem Traume bin,
Der mich bewege und mich himmlisch quäle:
Ich tanze über blanke Treppen hin,
Die auf und nieder gehn durch weite Säle.

Ich gleite ungehüllt auf nackten Füßen,
Viel Lichter breiten mir den Schaukelgang,
Mein Körper biegt sich spielend in dem süßen
Gefühl der Wellen und der Glieder Drang.

Und meine Augen langen in die Runde,
Wo drunten viele Hundert Männer stehn,
Die aufwärts starren mit beschämtem Munde
Und lüstern meine rühren Reize sehn.

Vorüber tanze ich den langen Blicken,
Durchpulst von einem eigen=sichern Schwung:
Ich weiß, ich banne hundert von Geschicken
In meines Leibes weißen Wellensprung.

Die Wände dehnen sich. Die Sterne scheinen
Vereist herein. Getilgt sind Raum und Zeit.
Und aller Erde Mannheit, sich um mich zu einen,
Umwogt die runde Fahne meiner Mannbarkeit.


Ernst Wilhelm Lotz (* 06.01.1890, † 26.09.1914)