EINEM WINTER ENTGEGEN
I
Ich wollte nie so versinken
und ich will nicht glauben,
daß die heiligen Stunden,
die selbst im Trubel ich fand,
mich verließen wie launische Winde.
Ich werde wandern und suchen.
Und wenn ich einmal sie finde,
werde ich nie mehr lassen,
daß die leidigen Tage
mich fransen wie seidiges Tuch.
Ich hatte Einsamkeit und weine,
daß ich so leicht sie ließ,
dem sie kam zu geben.
Sicher kam sie zu geben,
während mich Schlaf umfing!
II
Schmerzend ist jede Nacht,
Wenn du den sterbenden Tag,
Gefesselt, ihn ganz zu erfüllen,
Still hast bedacht.
Klaffend ein tiefer Grund
Zwischen gewolltem Sein
Und seines schalen Erfüllens
Engendem Rund.
Wenn du im Traume auch
Oft schon umschlungen hast
Himmel und herrliche Höhen,
Bleibt es beim Traum.
(Ingeborg Bachmann)